Mittwoch, 21. September 2016

Rezension von Julia & Céline

Jonas Lüscher, Frühling der Barbaren, ein Buch, das uns zu Beginn etwas überfordert. Kilometerlange Sätze, Wörter die von einem anderen Planeten stammen könnten, außerdem Abschnitte, die bei nicht sofortiger ohne genaue Analyse, scheinbar irrelevant sind.
Die ersten Seiten, die beinahe unbezwingbar scheinen, nehmen uns, die sowieso ohnehin schon geringe Motivation gleich zu Beginn.
Die anfangs wirren Sätze machen dann aber glücklicherweise immer mehr Sinn. Vermeintlich unnötige Passagen werden zu wichtigen Bausteinen der ganzen Geschichte.
Der Autor nimmt immer wieder Bezug auf zuvor genannte Details. 
Im Verlauf des Buches klären sich so immer wieder dringende Fragen. (Wobei man sich die Fragen wahrscheinlich noch gar nicht gestellt hat.)
Das ständige wieder Aufgreifen von bereits Erzähltem gibt uns ein Gefühl von Vertrautheit. Was gut ist, denn, oft ist die Novelle fast zu kompliziert um sich auf nur annähernd Verbunden zu fühlen (?) oder sich in das Buch hineinzufühlen.
Es gibt auch nicht, wie Anders als in den uns eher gewohnten Büchern, gibt es auch keine Charaktere, mit denen man sich groß identifizieren könnte, außer vielleicht das sterbende Kamel.
Dieses ist auch ein gutes Beispiel für das Groteske in der Novelle, welches auf den ersten Blick oft Überhand nimmt und einem die eigentliche Geschichte teilweise vergessen lässt.
So bleiben brutalere Szenen wie das Töten des Kamels viel Ppräsenter als zähe Kapitel, in denen schwierige Sätze über die Finanzlage stehen. Das führt teilweise zu Verwirrung, weil man schwierige Stellen, die aber wichtig wären, gerne überliest oder vergisst. 
Nun zum großen Finale.
Kurz gesagt, das Ende hat uns gnadenlos überrumpelt. Viele Handlungen spielen sich, innerhalb wenigen Seiten, in rasantem Tempo ab. Hundewelpen, ein Feuer, ein alter Peugeot, die Polizei und ein blauer Büstenhalter bleiben in Erinnerung.
Ganz aufgewühlt liest man die Seite 125 zu Ende, ahnt schon bei Betrachtung des letzten Satzes, dass es nun vorbei ist, will es aber doch nicht glauben und blättert mit schwindender Hoffnung um.
Doch das Buch ist tatsächlich zu eEnde.
Wir fragen uns, wieso der Autor auf so vieles keine Antwort gibt. Wieso ein solches Ende, welches nur noch mehr Fragen aufwirft?. Was ist der Sinn dahinter?
Nun, wir werden uns noch lange fragen, was mit Pippa und den anderen Ressortbesuchern geschah, was Preising in der psychiatrischen Klinik überhaupt zu suchen hat und wer der Erzähler denn nun eigentlich ist.
Durch die vielen offenen Fragen werden wir die Lektüre aber bestimmt nicht so schnell vergessen. Ab und zu werden uns mögliche Antworten durch den Kopf schwirren und vielleicht werden wir uns sogar Gedanken zu dem Geschmack von gefüllten Kamelen machen.

4 Kommentare:

  1. Eine sehr inspirierte, kluge, witzige und anregende Rezension, die zudem sehr übersichtlich gegliedert ist. Als erstes habe ich mich gefragt, wieso Sie die Motivation vor der Lektüre als bereits gering bezeichnen. Wegen des Titels? Wegen schlechter Erfahrungen mit Schullektüre?
    Sie erwähnen, wie schwer es Ihnen fiel, sich in die Geschichte »hineinzufühlen«. Einfühlen kann man sich eigentlich nur in Menschen oder Figuren, nicht in ein Buch. Was meinen Sie genau? Dass Sie nicht warm wurden mit der Story? Dass sie Ihr Interesse nicht wecken konnte? Schmunzeln musste ich bei Ihrer Aufzählung dessen, was von dem furiosen Ende bleibt: Nicht der Tod Rachids, dafür der blaue Büstenhalter. Nicht das geschlachtete Kamel – in das Sie sich doch einfühlen konnten :D –, dafür die Welpen.
    Ihre Frage nach dem Sinn scheint mir ein gutes Diskussionsthema für die Klasse? Was erwarten wir in Sachen Sinn von Büchern und Filmen? Hat das etwas mit der sehnsucht nach einer Moral zu tun? Mit Handlungsanweisungen? Muss eine Lehre enthalten sein? etc. In dieser Frage bin ich sehr neugierig, mehr und Genaueres von Ihnen zu hören.
    Jedenfalls scheint mir, Sie nehmen von dieser Lektüreerfahrung viel mit – und ich freue mich auf Ihre weiteren Beiträge zur Diskussion :)

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  2. Ein solches Buch ist einfachzulesen, wenn man einfach Spass daran hat an den vielen sakastischen Andeutigen,als ständig an die Analys im Unterricht zudenken. Es ist voll okay wenn man nicht alles versteht aber erfeue dich am rastanten Tempo und das wenigstens was geschiet. Glaube mir es kommen noch genug Bücher bei denen man einfach nicht vom Fleck kommt und bei denen die Sätze noch VIEL länger werden als hir;)

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  3. Liebe julia & céline
    Ich möchte euch nicht beunruhigen, aber das wird wahrscheinlich eines der wenigen bücher im deutschunterricht sein, das sich gut lesen lässt. Es gibt autoren, wie z.b. mann, die wirklich lange, komplizierte sätze schreiben. Da ist lüscher eigentlich noch im normalen bereich. Aber keine angst; mit der zeit wird es immer einfacher, auch schwierige texte zu verstehen;)
    Das einzige, was das lesen für mich erschwert hat, waren z.t. schwierige wörter. Ich bin mir nicht sicher, ob ihr mit 'komplizierte sprache' komplizierte wörter oder z.b. die vielen eingeschobenen sätze meint.
    ich persönlich konnte mich mit vielen figuren identifizieren. Warum ging euch das nicht so? Vielleicht würde es euch helfen, wenn ihr euch bei jeder handlung, die eine figur vollbringt, die beweggründe dafür überlegt. Warum macht er/ jetzt das? Was würde ich an dieser stelle tun? So wird auch die handlung im allgemeinen viel klarer.
    Mehrmals lesen ist sowieso immer gut. Man findet IMMER wieder neues, das man bis jetzt überlesen hat.

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  4. Hey Leute
    First things first: Die Bücher werden nicht einfacher! An kilometerlange Sätze muss man sich gewöhnen;)
    Aber macht Euch keine Sorgen: niemand versteht ein Buch auf Anhieb. Da brauchts die Inputs und die Erkenntnisse des Lehrers. Tatsächlich ist es schwierig sich in die Figuren hineinzuversetzen, wenn man wenig über sie weiss.
    Die Fragen, die ihr euch am Ende der Novelle stellt, sind berechtigt. Lüscher wollte uns mit dem Rnde überrumplen und uns anregen über diese Fragen nachzudenken. Das kst der Sinn einer Novelle:)
    Gruss
    Sami & Patrick

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